Mi, 15. Apr 2015

Cities: Skylines - Straßen und Städte, Städte und Straßen

Nach dem unrühmlichen SimCity-Release von 2013 und der kurz darauf folgenden Schließung von Maxis Emeryville, sah es düster aus für Fans von Städtebausimulationen. Mit Cities: Skylines wagt sich ein neuer Mitspieler in das Genre, ganz ohne Megabudget und Onlinezwang.

Und das ist gut so. Denn auch wenn sich die Innovation in Grenzen hält, so bietet Cities: Skylines doch alles, was man sich von einem Spiel dieser Art erwartet: große, gar riesige Städte, mit einem Detailreichtum bei dem man mit dem Optimieren kaum nachkommt.

Der Start fällt täuschend einfach aus, zuerst legt man ein paar Straßen in stramm geraden Linien, kurvig, oder einfach irgendwie. Diese erzeugen einen Einflussbereich um sich herum, der anschließend zum Bauen benutzt werden kann. Anfangs sind das nur Wohn-, Industrie- und Kommerzzonen in ihren schwachen Ausführungen. Auf Zonen wird automatisch von zuziehenden Bewohnern gebaut. Die ersten Wohnungen sind kleine Familienhäuser, wie man sie aus amerikanischen Vorstädten kennt, während dreckige Fabriken und kleine Läden Arbeitsplätze bieten. Und alle zahlen natürlich brav Steuern.

Abseits der Straßen liegt die Strom- und Wasserversorgung der Stadt, die frei an einem Gewässer platziert werden kann. Für Wasser braucht es zwei Gebäude, das eine pumpt Frisch-, das andere Abwasser. Die Rohrverlegung funktioniert analog zu den Straßen: um die Rohre herum gilt das Gebiet als versorgt, außerdem gibt es eine Anzeige ob die Pump- und Kläranlagen genug Wasser zur Verfügung stellen. Strom gibt es aus Kohlekraftwerken oder Windrädern. Während erstere kosteneffizienter arbeiten, sind letztere wesentlich umweltfreundlicher. Um Strom zu Gebäuden zu bringen, braucht es Strommasten die einfach eine Verbindung zwischen Einflussbereichen herstellen müssen. Ist Strom einmal in einem Gebiet, springt er von selbst über Straßen, weswegen man nur bis zum Stadtrand verbinden muss und das Innere nicht verschandelt wird.

Zu wenig Strom. Das Windrad sollte ich aber etwas mehr abseits positionieren, wegen dem Lärm.
Zu wenig Strom. Das Windrad sollte ich aber etwas mehr abseits positionieren, wegen dem Lärm.

Ist diese Grundversorgung sichergestellt, explodiert die Bevölkerung, vorausgesetzt genug Wohnraum ist vorhanden und schon werden neue Gebäude freigeschaltet, verschiedene Bildungseinrichtungen, Polizei, Feuerwehr, Krankenhäuser, Totengräber, Müllabfuhr und noch viel mehr. Hier wird dann schnell ersichtlich, ob das erbaute Straßennetz gut genug durchdacht ist, denn alle erwähnten Institutionen verwenden es. Hat man etwa ein dichtes Gitter aus Kleinstraßen für das Wohngebiet gebaut, muss man die Müllabfuhr gefährlich nahe positionieren um die Abdeckung zu sichern, denn zu lange Wege können zu Komplikationen führen. Gibt es dann auch noch einen Stau dauert es nicht lange bis die ersten Einwohner wieder gehen. Darüber informiert ein kleiner Newsfeed names Chirper, in dem immer wieder Meldungen der Bewohner erscheinen wenn es gerade besonders schlecht läuft. Aber auch Lobesmeldungen wirft der Twitter-Imitator aus, um die Motivation anzutreiben.

An dieser Stelle fällt auf, dass die Entwickler für die Cities in Motion-Reihe verantwortlich sind, denn das Straßennetz – und später im Spiel auch die öffentlichen Verkehrsmittel – ist der absolut wichtigste Teil der Stadt. Zu viele kleine Straßen in dicht bewohnten Gebieten? Die Effizienz aller Gebäude sinkt, was etwa in Wohngebieten verhindert, dass Gebäude aufgewertet werden, denn dafür müssen Kinder in die Schule gehen. Das Industriegebiet liegt weit abseits des Highways zur Außenwelt? Die LKWs fahren durch die Wohngebiete um hinzukommen.

Dicht befahrene Kreisverkehre. Lange geht das nicht mehr gut.
Dicht befahrene Kreisverkehre. Lange geht das nicht mehr gut.

Deswegen hat man eine Vielfalt an Straßen, von zweispurigen Kleinstraßen mit Bäumen bis zu Autobahnen. Man kann sie praktisch frei legen und kombinieren, was eine unglaubliche Freiheit beim Stadtlayout gewährleistet. Im Detail gibt es jedoch einige Schwächen in der Steuerung, die das Verlegen von Straßen schwieriger macht als nötig, allen voran das Fehlen einer Fusionsoption – so kann man zwar mehrere Straßen zu einer zusammenführen, dies sieht allerdings nicht schön aus und ist in vielen Fällen schlecht für den Verkehr, was allerdings erst später ersichtlich wird. Auch fehlen am Anfang einige wichtige Optionen, weswegen man auch mit guter Planung teilweise Straßen später neu verlegen muss.

Hat man erst mal raus wie man effizient Personen- und Gütertransport bewältigt, öffnet sich das Spiel erst richtig. Die kleinen Vorstadthäuser wachsen zu großen Villen heran, dichte Besiedlungsoptionen eröffnen sich, die dann Wolkenkratzer aus dem Boden schießen lassen. Das Startgebiet ist längst zu klein geworden und die angrenzenden Felder wurden hinzugekauft. Man legt U-Bahntunnel an, errichtet riesige Solaranlagen und sorgt dafür, dass alle auf die Uni kommen.

Die ersten Hochhäuser entstehen am linken Rand. Violette Gebiete sind verseucht durch Müllhalden und Industrie.

Features wie Bezirke werden mit fortschreitender Spieldauer immer wichtiger, denn nur so kann man unterschiedliche Stadtteile differenziert beeinflussen, etwa durch Steuersenkungen für Kleinbetriebe oder einer Spezialisierung auf Forstwirtschaft. Es gibt also immer was zu tun, auch wenn man sich durchaus mal zurücklehnen kann um das bunte Treiben in der eigenen Großstadt zu beobachten.

Alles in allem also ein gutes Spiel. Sehr gut sogar, wenn man vom Fehlen einiger kleiner Bequemlichkeitsfeatures absieht. Aber wirklich ausgezeichnet wird Cities: Skylines durch den unglaublich offenen Mod-Support den die Entwickler bieten. Mich persönlich stört zum Beispiel, dass ich zwei Stunden spielen muss bis ich die ersten Hochhäuser in meiner Stadt habe, mit einem Mod geht das von Anfang an, frei wählbares Startkapital inklusive. Die Gebäude sind nicht so vielfälltig wie sie sein könnten? Kann alles nachgerüstet werden. Zu diesem Zeitpunkt sind die ersten Großprojekte am Horizont und wer weiß was die Zukunft noch bringen wird. Das Spiel wird jedenfalls nur besser werden mit der Zeit.

Fazit

Die Krone der Städtebausimulation ziert ein neues Haupt, nachdem der alte König in Ungnade gefallen ist. Cities: Skylines macht so ziemlich alles richtig, ein paar Detailfehler sowie der unnötig komplexe Einstieg können da der Wertung auch nicht mehr viel anhaben. Dazu noch Folgendes: Je nachdem wie gut die Mods am Ende sein werden, kann das Spiel leicht zu einer (persönlichen) 10 werden, da man fast alles nach eigenen Vorlieben verändern kann.

— Christian Novotny
Bewertung

Urteil + Unglaubliche Freiheit + Mods, Mods, MODS + Riesige Städte + Detailreiche Simulation - Teils fitzelige Steuerung - Langsamer und komplizierter Anfang
Alles in Allem Awesome